In seiner Rede betonte Oberbürgermeister Daniel Schranz, warum das Gedenken, das Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus auch 79 Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft wichtig ist. Schranz führte den Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 an – mit 1.200 ermordeten Jüdinnen und Juden das größte antisemitische Pogrom seit Ende des Holocaust. „Wir müssen die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus hochhalten, weil wir nicht vergessen dürfen, wozu dieser antisemitische Hass schon einmal geführt hat – und wozu er wieder führen kann, wenn wir es nicht verhindern“, mahnte der Oberbürgermeister.
Oberbürgermeister erinnert an alle von Nationalsozialisten verfolgten Gruppen
Schranz verwies in seiner Rede auch auf die sprunghaft angestiegene Zahl antisemitischer Straftaten. In den knapp drei Monaten vom 7. Oktober bis zum Jahresende 2023 zählte das Bundeskriminalamt in Deutschland 2.249 solcher Taten – im ganzen Jahr 2022 waren es 2.640 gewesen. „Wegen unserer Geschichte, wegen des in Deutschland geplanten und von Deutschen begangenen Völkermordes an mehr als sechs Millionen Jüdinnen und Juden in Europa“, sei die Bundesrepublik eben nicht nur mitverantwortlich dafür, dass jüdische Menschen in Israel in Sicherheit leben können, sie müssten „natürlich auch in Deutschland in Sicherheit und Frieden leben können“.
Schranz bezog alle von den Nationalsozialisten verfolgten Gruppe in das Gedenken mit ein, Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, oppositionelle Priester und Pastoren, Kommunisten und Sozialdemokraten, Regimegegnerinnen und -gegner, Andersdenkende und Homosexuelle.
Schülerinnen und Schüler gestalteten Gedenkstunde
Uwe Bleckmann, Direktor des Freiherr-vom Stein-Gymnasiums, verwies auf die Wichtigkeit der pädagogischen Arbeit in den Schulen: „Neben zahlreichen Gedenkstätten, Museen und Organisationen der politischen Bildung sind es vor allem Schulen und Hochschulen, denen die wichtige Aufgabe zukommt, die Erinnerung wach zu halten, einen anhaltenden, verantwortlichen Umgang mit unserer Geschichte zu pflegen, und daran zu arbeiten, dass Menschen eben nicht Opfer werden von Ausgrenzung, Benachteiligung, Diskriminierung und Verfolgung.“ Der Pädagoge fügte an: „Die Notwendigkeit hat leider gerade in der jüngsten Zeit wieder zugenommen und es macht nicht den Eindruck, dass dies an Aktualität verlieren könnte.“
Wer die Beiträge der Schülerinnen und Schüler zur Gedenkstunde sah, gewann den Eindruck, dass die Arbeit der Lehrerschaft — auch in Zusammenarbeit mit der städtischen Gedenkhalle — sehr erfolgreich ist. Jugendliche von der Gesamtschule Weierheide, vom Hans-Sachs-Berufskolleg, von der Fasia-Jansen-Gesamtschule und dem Bertha-von-Suttner-Gymnasium, von der Anne-Frank-Realschule, dem Sophie-Scholl-Gymnasium, der Heinrich-Böll-Gesamtschule und vom Gastgeber Freiherr-vom-Stein-Gymnasium hatten ganz unterschiedliche Programmpunkte vorbereitet.
Recherche ergibt: Anne Frank hatte Verwandtschaft in Oberhausen
Da war die erstaunliche Recherche an der Anne-Frank-Realschule: Schülerinnen und Lehrer haben herausgefunden, dass eine Großtante von Anne Frank in Oberhausen lebte und vor den Nationalsozialisten von der Helmholtzstraße nach Peru floh: An Mathilde Holländer wird ab dem Frühjahr ein neuer Stolperstein erinnern. Mehrere weitere Schulen stellten ebenfalls ihre Recherchen zu Menschen vor, auf deren Verfolgung durch die Nationalsozialisten Stolpersteine in Oberhausen hinweisen werden. Berührend erinnerte die kurze Inszenierung „Ich bereue nichts“ der Gesamtschule Weierheide an Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer.
Zu hören gab es einen Bericht und ein Gedicht von zwei Schülerinnen des Sophie-Scholl-Gymnasiums über die Exkursion ins ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Die Beiträge der Fasia-Jansen-Gesamtschule — ein Rap-Video gegen Ausgrenzung — und des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums machten deutlich, warum die Erinnerung auch in der heutigen politischen und gesellschaftlichen Situation weiter wichtig ist: Das „Nie wieder!“ dürfe kein Lippenbekenntnis sein, die Demokratie brauche die Demokraten, und jeder habe eine Stimme, um sie zu gestalten.
Seit 1996 ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland auf den 27. Januar festgelegt: Am 27. Januar 1945 befreite die sowjetische Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Weil der Tag 2024 auf einen Samstag fiel, war das von den Schülerinnen und Schülern gestaltete Gedenken auf den darauffolgenden Montag verlegt worden.