Kunst & Kultur | Stadtgespräch

Gedenken an die Opfer des Krieges

Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, startete Russland seinen Angriff auf die Ukraine. In einem gemeinsamen Konzert erinnerten am vergangenen Wochenende Chöre aus Oberhausen und Saporishja an die Opfer des brutalen Angriffskrieges.

27.02.2024
Gedenkveranstaltung_Ukraine©Tom_Thöne-final1

Während sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Oberhausener Veranstaltung in der evangelischen Christuskirche in der Nohlstraße trafen, kamen die Teilnehmenden in der ukrainischen Partnerstadt in einem der drei städtischen Kulturbunker zusammen. Dort sind Kulturveranstaltungen auch während der ständigen Luftalarme möglich.  Alle Beiträge wurden simultan ins Ukrainische und ins Deutsche übersetzt und live in die jeweilige Partnerstadt übertragen.

In seiner Rede versicherte Oberbürgermeister Daniel Schranz den Bürgerinnen und Bürgern in Saporishja, dass Oberhausen weiter voller Solidarität an ihrer Seite stehe. „Und auch, wenn ein Ende bislang leider nicht in Sicht ist, und auch, wenn die Erschöpfung groß ist und zurzeit fast alles schwer erscheint, dürfen wir die Hoffnung nicht verlieren“, sagte Schranz, der zuvor die Kraft und den Mut der ukrainischen Bevölkerung betont hatte: „Unsere Forderung kann nur sein, dass Russland diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg beendet! Damit nicht noch mehr Menschen sterben, damit nicht noch mehr Familien auseinandergerissen werden, damit nicht noch mehr Kinder traumatisiert werden und fliehen müssen, damit nicht noch mehr Heime zerstört werden. Denn jedes Volk der Welt hat das Recht auf Freiheit und Unabhängigkeit.“

 

Foto: Stadt Oberhausen / Tom Thöne

Superintendent Joachim Deterding erinnerte in seiner Ansprache an die vielen Opfer, die zu beklagen sind. Er nannte unter ihnen auch die beiden jungen Männer Vova und Artem, die als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind und am 10. Februar dieses Jahres in Oberhausen durch einen Messerangriff getötet wurden.

Der kommissarische Oberbürgermeister der Stadt Saporishja, Anatolij Kurtiev, bedankte sich für die Hilfe, die in den letzten zwei Jahren aus Oberhausen gekommen ist. Er bezeichnete die Menschen in Oberhausen „als die wahren Brüder und Schwestern, die als Erste ihre Hilfe angeboten haben, nachdem der Krieg ausgebrochen war.“

Die Evangelische Singgemeinde hatte das Konzert mit dem Lied „Verleih uns Frieden“ von Heinrich Schütz eröffnet. Es folgten weitere klassische Werke von Johann Gottfried Walther, Gabriel Fauré und Johann Sebastian Bach. Der Kammerchor der Stadt Saporishja sang Lieder, die den Stolz auf die eigene Kultur zum Ausdruck brachten und die Entschlossenheit, sich den Angreifern entgegenzustellen. In den Beiträgen wurde sowohl die Trauer um die vielen Opfer als auch die große Sehnsucht nach Frieden deutlich.  Der ukrainische Chor wurde vom städtischen Kindersymphonieorchester Sympho-Kids begleitet, in dem junge musikalische Talente auch in Zeiten des Krieges aktiv sind.

Die Veranstaltung schloss mit einem Gebet für die Ukraine und Musik. Der deutsch-ukrainische Integrationsverein Oberhausen verteilte Gebäck in Herzform mit den Farben der Ukraine und Deutschlands an die Teilnehmer.

Gutes Leben | Stadtgespräch

Erinnerung an NS-Verfolgte: 36 neue Stolpersteine in Oberhausen

Sie erinnern an die Opfer der Nationalsozialisten: die „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig. Jetzt sind in Oberhausen 36 neue kleine Denkmäler dazu gekommen. Am Mittwoch und Donnerstag, 21. und 22. Februar, haben der Künstler und Unterstützerinnen und Unterstützer 36 Stolpersteine an 13 Orten im Stadtgebiet verlegt. Die Stolpersteine erinnern auch in diesem Jahr an vielfältige Verfolgungsschicksale – Euthanasie-Opfer, Widerständler, Jüdinnen und Juden und Menschen, die einfach nur einen verbotenen Radiosender gehört haben.

23.02.2024

Am ersten Tag der Aktion war Künstler Gunter Demnig selbst in Oberhausen und verlegte die ersten Stolpersteine. Auch in diesem Jahr waren in einigen Fällen Nachfahren bei den kleinen Gedenkfeiern am jeweiligen Verlegeort dabei. Viele der Vorschläge für neue Erinnerungssteine kommen von Angehörigen.

Bei der umfangreichen Recherchearbeit zu den Biografien der verfolgten Oberhausenerinnen und Oberhausener und der Vorbereitung der Verlegungen wird die Gedenkhalle Oberhausen von zahlreichen Schulen unterstützt. Das Bertha-von-Suttner-Gymnasium, die Anne-Frank-Realschule, die Heinrich-Böll-Gesamtschule und das Hans-Böckler-Berufskolleg haben geholfen, das Leben vieler Verfolgter nachzuzeichnen. Die Anne-Frank-Realschule hat bei der Aktion in diesem Jahr beispielsweise recherchiert, dass eine Großtante von Anne Frank, Mathilde Holländer, in Oberhausen geboren wurde und hier bis 1938 gelebt hat. Sie war die Tochter von Eduard Berg. Nach ihm ist in der Innenstadt der Platz an der Markstraße/Ecke Goebenstraße benannt. Mathilde Holländer gelang die Flucht vor den Nationalsozialisten nach Peru. Dort starb sie 1960 in Lima.

Zusätzlich recherchierten die GEW-Stolpersteingruppe, die „Omas gegen Rechts“ und der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) weitere Schicksale. „Ohne die große Unterstützung aus der Stadtgesellschaft wäre die jährliche Beteiligung an dem Stolpersteinprojekt nicht möglich“, betont Claudia Stein von der Gedenkhalle. Die Wirtschaftsbetriebe Oberhausen verlegen die Stolpersteine so ordentlich, dass tatsächlich nur das Auge über sie stolpert.

Die Oberhausener Stolpersteine sind in der App des WDR „Gegen das Vergessen“ abrufbar. Bei der Vervollständigung der Datenbank über Oberhausener Opfer haben Kurse der Gesamtschule Osterfeld und der Gesamtschule Weierheide unterstützt, durch eigene Texte und Graphic Storytelling, also Geschichten, die in Zeichnungen erzählt werden.

Nähere Informationen zu den Einzelschicksalen finden Interessierte auf der Homepage der Gedenkhalle (www.gedenkhalle.de). Dort kann man auch die Info-Broschüren zu den Verlegungen einsehen und herunterladen.

Hintergrund: Im Mai 2023 vermeldete Gunter Demnig die Verlegung des 100.000 Stolpersteins. Seit 1997 verlegt der Künstler diese Steine in Erinnerung an das Schicksal der NS-Verfolgungsopfer in ganz Europa. Die Stadt Oberhausen beteiligt sich seit 2008 an diesem Projekt, das mittlerweile als größtes dezentrales Mahnmal der Welt gilt. Die Stadt Oberhausen erinnert mit den Stolpersteinen nun an insgesamt 314 Verfolgungsopfer.

Kunst & Kultur | Stadtgespräch

Oberhausen gedenkt der Opfer der Reichspogromnacht 1938

In der Reichspogromnacht 1938 ermordeten Nazi-Schergen in Deutschland mehrere hundert Jüdinnen und Juden, zerstörten jüdische Gotteshäuser, Gebetsräume und Wohnungen und Geschäfte jüdischer Kaufleute. Auch in Oberhausen brannte in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 die Synagoge an der Friedenstraße 24 nieder. 85 Jahre später hatte die Gedenkhalle am Donnerstag, 9. November 2023, wieder zum Gedenken eingeladen. Rund 120 Menschen kamen, um ein Zeichen gegen Faschismus und Antisemitismus zu setzen.

10.11.2023

Oberbürgermeister Daniel Schranz verurteilte in seiner Rede den Angriff der radikal islamistischen Terror-Organisation Hamas gegen Israel, bei dem die Täter am 7. Oktober 2023 etwa 1.400 Jüdinnen und Juden ermordet hatten, als „aktuelles Pogrom“ und „unfassbare Tat“. Nicht nur diese Verbrechen seien unerträglich, sagte Schranz: „Unerträglich ist auch die Welle von Antisemitismus, die sich seitdem immer weiter auftürmt. Sie rollt durch viele Länder der Welt, sie rollt auch durch Deutschland: Das können wir nicht hinnehmen, das wollen wir nicht hinnehmen und das dürfen wir nicht hinnehmen!“

Der Oberbürgermeister verwies mit Blick auf den 9. November 1938 und die Jahre danach darauf, wohin Antisemitismus führen kann. Er erinnerte an jüdische Oberhausenerinnen und Oberhausener aus der Friedenstraße, die von den Nationalsozialisten in KZs ermordet wurden. „Lassen Sie uns dem Antisemitismus gemeinsam entgegenstellen“, appellierte der Oberbürgermeister.

Oberrabiner David Geballe von der Jüdischen Gemeinde Duisburg – Mülheim – Oberhausen sprach das Jiskor-Gebet zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus und die Opfer des Terroranschlags der Hamas in Israel am 7. Oktober. Lev Schwarzmann, Vorsitzender der Liberalen Jüdischen Gemeinde Perusch sprach ebenfalls über den Terror in Israel, den wieder zunehmenden Antisemitismus und über die wachsende Angst in den jüdischen Gemeinden.

Mädchen und Jungen einer fünften Klasse der Anne-Frank-Realschule sangen ein jiddisches Lied, Schüler des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums lasen aus letzten Briefen von Jüdinnen vor, die im Holocaust starben. Die Schauspielerinnen Nadja Bruder und Ronja Oppelt aus dem Ensemble des Theaters Oberhausen lasen aus Carl Friedmans Roman „Vater“ und das Gedicht „Ihr Zuschauenden“ von Literatur-Nobelpreisträgerin Nelly Sachs.

Stadtgespräch

Stadt gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus

Bewegendes Erinnern: Oberbürgermeister Schranz mahnte, Antisemitismus entgegenzutreten. Schülerinnen und Schüler gestalteten Feierstunde.

Mit einer bewegenden Feierstunde hat die Stadt Oberhausen am Freitag in der Gesamtschule Osterfeld den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus begangen. Schülerinnen und Schüler von neun Oberhausener Schulen gestalteten das Gedenken, zu dem zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden, aus Politik, Verwaltung und der Bürgerschaft gekommen waren. International wird am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, an die vielen Millionen Menschen erinnert, die das NS-Regime zwischen 1933 und 1945 entrechtete, verfolgte, quälte und ermordete.

27.01.2023
Foto: Stadt Oberhausen/Tom Thöne

Dass das Gedenken in den Oberhausener Schulen weiter einen sehr hohen Stellenwert hat, zeigte das Programm der Feierstunde. Schülerinnen und Schüler der gastgebenden Gesamtschule Osterfeld, der Gesamtschule Weierheide, der Fasia-Jansen-Gesamtschule, der Anne-Frank-Realschule, des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums, des Heinrich-Heine-Gymnasiums, des Sophie-Scholl-Gymnasiums, des Elsa-Brändström-Gymnasiums und des Hans-Sachs-Berufskollegs hatten Beiträge vorbereitet – vom Theaterstück über Wortbeiträge und einer Kunstausstellung bis zu Musikvideos.

Der Schwerpunkt der Beiträge lag in Geschichten, in denen es um Oberhausener Opfer oder um Anne Frank oder Sophie Scholl ging, aber auch Diskriminierung in der Gegenwart war Thema. Aus der Gesamtschule Osterfeld war in den Tagen unmittelbar vor dem 27. Januar noch eine Schulgruppe in die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora gereist und brachte ihre Eindrücke davon in die Gedenkfeier ein. Andere Schülerinnen und Schüler berichteten von ihren beklemmenden Erfahrungen bei den Besuchen des Vernichtslagers Auschwitz oder des Konzentrationslagers im belgischen Fort Breendonk.

Oberbürgermeister Daniel Schranz erinnerte exemplarisch für die Oberhausener und alle Opfer des Holocaust an die jüdische Familie Wolf, die bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten über Generationen in Holten gelebt hatte. 1942 wurde die ganze Familie – Vater Julius, Mutter Alice, der 17-jährige Kurt und die zwölfjährige Hannelore – ins Vernichtungslager Trostinez bei Minsk deportiert und nach wenigen Tagen dort ermordet. Schranz erinnerte aber auch daran, dass Antisemitismus kein Phänomen der Vergangenheit ist: „Wir müssen allen Formen des Antisemitismus entgegentreten. Wir müssen deutlich machen, dass wir diese und andere Formen der Ausgrenzung in unserer Gesellschaft nicht dulden“, mahnte der Oberbürgermeister.

Der Leiter der Gesamtschule Osterfeld betonte ebenfalls, warum das Gedenken der Opfer der Vergangenheit auch für die Zukunft wichtig ist: „Die Erinnerung an den Holocaust macht uns auch wachsam dafür, dass Menschen heute und in der Zukunft nicht ausgegrenzt und als vermeintlich ungleichwertig benachteiligt, unterdrückt und getötet werden dürfen“, Dr. Gregor Weibels-Balthaus in seiner Rede.

Die Feierstunde war seit Beginn der Pandemie die erste, die wieder im großen Rahmen begangen werden konnte. „Ein besonderer Dank gebührt dem Kollegium und der Schülerschaft der Gesamtschule Osterfeld, die mit viel Engagement und vielen neuen Impulsen einen würdigen Rahmen für die Gedenkfeier bereitet haben“, sagte Gedenkhallen-Leiter Clemens Heinrichs.

Stadtgespräch

Volkstrauertag und Friedenssonntag: Feierstunde in der Gedenkhalle

Mit einer Kranzniederlegung an der Gedenkskulptur der „Trauernden“ vor der Gedenkhalle, mit dem Totengedenken und einem Vortrag zu Künstlern des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik haben Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Stadtgesellschaft und der Reservistenverbände der Bundeswehr am Sonntag, 13. November, in der Gedenkhalle den Volkstrauertag begangen.

17.11.2022
Die Gedenkskulptur „Die Trauernde“ und Kränze zum Volkstrauertag; links die am 2.9.2022 neu aufgestellten Informationstafeln zur „Trauernden“ (Foto: Dirk Klasen)

In seiner Begrüßung erinnerte Bürgermeister Werner Nakot nicht nur an die Entstehung des Volkstrauertages, der in Oberhausen traditionell als Friedenssonntag begangen wird; er verwies auch mit Blick auf den Russland-Ukraine-Krieg auf die Aktualität. Laut Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) sind in der Ukraine durch den Krieg bis Anfang November mindestens 6.490 Zivilisten gestorben, darunter mindestens 403 Kinder. „Wir wollen und müssen auch sie heute in unsere Gedanken einschließen“, sagte Nakot, bevor er das Totengedenken sprach.

Der Kunsthistoriker und Kurator Wolfgang Brauneis war als Festredner zum Volkstrauertag geladen. Brauneis hatte 2021 die Ausstellung „Die Liste der ‚Gottbegnadeten‘: Künstler des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin kuratiert, in der es unter anderem auch um Willy Meller und die Figur der „Trauernden“ am Schloss Oberhausen ging. In einem Rundgang durch die Berliner Ausstellung wurde deutlich, dass der Künstler Willy Meller, von dem die Gedenkskulptur „Die Trauernde“ stammt und mit dem sich die Stadt zuletzt intensiv beschäftigt hatte, kein Einzelphänomen war, sondern Teil einer Kunstszene, die in den 1950er- und 1960er-Jahren fast nahtlos weiterarbeitete. Manche führten ihre Arbeiten aus der NS-Zeit stilistisch fort, andere passten sich neuen Tendenzen an. Viele der Künstler, die im Nationalsozialismus prominent tätig gewesen waren, blieben präsent und konnten ein künstlerisch anerkanntes und teils mehr als auskömmliches Leben (weiter)führen. Anders als in der Öffentlichkeit damals dargestellt, waren sie nicht vom Erdboden verschluckt, sondern im Stadtbild vieler Städte deutlich sichtbar, bis heute. Eine Stunde Null hat es auch in der Kunst nicht gegeben.